Interview mit Spielerberater Dirk Wichmann,
Inhaber von RW SPORT CONCEPT. Stiefvater von Marcel Risse (1.FC Köln). Er berät u.a. Patrick Salata und „Freddy“ Baum (Alemannia Aachen).

 

1. Wie sind Sie Spielerberater geworden?

Ich hatte schon immer eine sehr, sehr enge Bindung zum Fußball und habe in meiner Jugendzeit schon immer viele Spiele beobachtet. Selbst habe ich in der Jugend beim SSV Berzdorf und dem SV Wesseling gespielt, als Senior war nach einem Achillessehnenabriss und Wadenbeinbruch früh Schluss. Mein Stiefsohn Marcel wechselte in jungen Jahren vom TUS Höhenhaus zu Bayer 04 Leverkusen. In 2007 hat er dann seinen ersten Profivertrag unterschrieben und am 07.05.2008 hatte er sein Debüt in der „BayArena“ gegen Hertha BSC Berlin.

Seinen Weg habe ich von Tag 1 immer begleitet.

Ich habe dann ab 2009 neben meiner Tätigkeit als Bauleiter beim 1.FC Nürnberg als Scout für Dieter Nüssing gearbeitet, bin dann 2010 zum Premier League Club FC Everton gewechselt, für den ich 6 Jahre in ganz Europa gearbeitet habe. In dieser Zeit ist es immer mehr Richtung Spielerberater gegangen. Mein Netzwerk wurde immer größer und die Anfragen, vor allem der Eltern, wurden auch mehr. Nach- dem David Moyes den FC Everton Richtung Manchester United verlassen hatte, war für mich dann auch Schluss als Scout. Ich habe mich 2016 dann entschlossen meine Agentur zu erweitern und zu vergrößern, bis heute habe ich 15 Spieler, die ich begleite. Drei meiner Jungs haben es auch schon geschafft und einen Profivertrag unterschrieben.

 

2. Was ist das größte Problem für Spielerberater? Ist die Abschaffung der FIFA-Lizenz problematisch, da jetzt jeder Mensch Spielerberater werden kann?

Das größte Problem für Spielerberater ist ganz klar die aktuelle Entwicklung auf dem Markt, viele meinen, sie kommen ganz schnell ans Ziel und verdienen Millionen. Leider ergibt sich dadurch die Situation aggressiver Abwerbeversuche und unglaublicher Kontaktaufnahmen mit „goldenen“ Versprechungen. Ich persönlich finde es schwer, mich mit der, sowieso abgeschafften, FIFA-Lizenz anzufreunden. Bis auf die Fragen vom DFB waren mir viele andere sehr suspekt. Wichtiger finde ich persönlich sind Fragen zum Thema: Versicherung, Sozialversicherung, Verletzung & Krankheit, Schule & Ausbildung, Vertragswesen, noch intensiver den Vereinswechsel, speziell für minderjährige Spieler und einen Ausbildungs-Plan B für die Jungs etc.

„Spielerberater“, da schließe ich mich Herrn Stefan Backs gerne an, konnte vorher ja auch „jeder“ werden. Aber nach dem neuen „Reglement für Spieler-Vermittlung“ kann es schon mal keiner mehr werden, der einen Eintrag beim „Bundesamt für Justiz“ hat, sei es im Führungszeugnis oder sogar im erweiterten Führungszeugnis. Im Moment, glaube ich, ist das Thema noch nicht beendet, ich hoffe für alle, dass der DFB und die FIFA eine gute Lösung finden.

 

3. Welche großen Fehler machen die meisten Spieler heutzutage?

Ich muss ehrlich sagen, ich glaube nicht, dass es immer die Spieler sind, die Fehler machen, die Jungs sind sehr vielen Einflüssen ausgesetzt und oft zu jung. Folgendes sollte besonders stimmen: allgemeines Umfeld, Beruf / Schule, Freunde / Freizeit, Trainer / Mitspieler, Gesundheit / Fitness, Spielvorbereitung und Publikum. Wenn das alles zusammen passt, kommt eigentlich erst der größte Fehler. Die Jungs meinen oft ,es geht von alleine, aber entscheidend für den Erfolg ist der absolute und unbändige Wille, jeden Tag gegen jede Widrigkeit bei den oben genannten Punkte anzulaufen. Talent haben sehr, sehr viele, aber wenige den letzten Biss! Wenn ich zurückdenke an die NLZ – Zeit von meinem Stiefsohn, war ich voller Stolz und Respekt, wie ein junger Bursche mit einer so riesigen Willenskraft und so diszipliniert durch den Tag, die Wochen und Jahre gegangen ist. Auch ich habe Spieler verloren oder die Zusammenarbeit beendet, aber oft war nicht der Spieler der ausschlaggebende Punkt, sondern die Eltern bzw. der Vater.

 

4. Wie hat sich der Aufgabenbereich für Spielerberater in den letzten 3 bis 5 Jahren verändert? Stichwort: Social Media, Privatsponsoring

Jetzt kommen die Medien und das Internet dazu. Vieles, wo junge Spieler, aber auch ältere Spieler immer wieder dazu lernen müssen. Auch hier ist es wichtig, wenn es soweit ist, die Jungs medial und in der Außendarstellung zu schulen, zu unterstützen und zu begleiten. Ich selbst pflege einen Instagram-Account und meine Homepage. Ich finde, es kostet viel Zeit und es lenkt zu gewissen Zeiten zu sehr ab. Dennoch akzeptiere ich alle Medien und versuche meinen Jungs eine vernünftige Balance mitzugeben, z.B. bin ich ein Freund davon, einen Account als „Spieler“ anzulegen und einen privaten. Aber das überlasse ich den Jungs. Wir sprechen oft darüber, aber entscheiden, wie sie es möchten, müssen sich die Jungs selber. Ich kann nur beratend zu Seite stehen, beobachte aber alle Bewegungen meiner Spieler. Manchmal ist weniger mehr, aber wenn ein Spieler eine große Strahlkraft hat und er damit gut umgehen kann, ist es schön für den Fan. Es gibt ja heutzutage Menschen, die davon sogar leben können.

Zum Thema Sponsoring, wenn eine Firma Spaß am Gesicht eines Spielers hat und der Spieler auch medial offen ist, würde ich es immer unterstützen, einen Sponsoring-Vertrag zu unterschreiben. Aber, auch den muss man sich erst mal hart erarbeiten.

 

5. Welchen Tipp geben Sie jedem, der heutzutage Spielerberater werden möchte?

Mein Tipp:  Schaut Euch so viele Spiele an, wie IHR könnt. Außerdem gibt es dazu viele weitere Möglichkeiten, wie z.B. ein Studium (Sportmanagement, Scouting etc.) nach der Schule zu starten. Mein Partner, die IST Hochschule in Düsseldorf, ist da sehr weit fortgeschritten und bietet in vielen Varianten Studien und Lehrgänge an. Aber am Ende der Tage gilt auch hier: der absolute Wille zählt – ob dann bei einer großen Agentur, bei einer kleinen Agentur oder bei Deiner eigenen Agentur. Wenn Du es schaffen willst, kannst Du es schaffen!

 

6. Welches war der skurrilste Fall in Ihrem Leben als Berater?

Mein skurrilster Fall war sicher der, dass ein Spieler unbedingt U19 Bundesliga spielen wollte. Dies war auch der Wunsch des Vaters. Kein Problem, der Junge hätte es drauf gehabt. Ich habe aber auch erklärt, dass nach dem vergangenen Jahr (viele Verletzungen) ein kleinerer Club, eine Liga tiefer, auch gut passt um wieder 100% reinzukommen. Als ich dann über einen Kontakt ein Probetraining für meinen Spieler erhalten wollte, bekam ich die Telefonnummer vom gewünschten Trainer und habe ihn dann angerufen, ich habe ihm die Lage meines Spielers erklärt und was dafür spricht, sich diesen mal anzuschauen. Ein gutes, offenes Gespräch, wie ich fand. Aber dann kommt das Skurrile, der Trainer sagt mir am anderen Tag höflich aber bestimmt ab, da der Kader voll wäre und es sowieso keinen Sinn machen würde, mal drauf zu schauen. Der Vater des Spielers erkundigte sich 3 – 4 Tage später nach dem Stand der Dinge und erwähnte, er habe selbst einen super Kontakt über seinen Arbeitgeber und könnte evtl. ein Probetraining organisieren. Nach Rückfrage von meiner Seite zur Vermeidung eines Doppel-Anrufs bei einem Club fragte ich den Vater, wo denn der Trial stattgefunden hat. Er gab mir zur Antwort, dass es genau bei dem Trainer war, der mir vorher abgesagt hatte und der Spieler nicht genommen wurde. Unglaublich, aber so läuft es leider manchmal, inkl. doppelter Autoritätsuntergrabung. Mein Ex-Spieler spielt nun bei einem kleineren Verein eine Liga tiefer und macht es sehr ordentlich. Mit dem Trainer habe ich nie mehr gesprochen und das wird auch nicht mehr passieren.

 

7. Warum wird die Branche der Spielerberater von den meisten Menschen als unseriös betrachtet?

Ich finde, die gesamte Außendarstellung der Branche ist sehr schlecht, aber das kommt auch dadurch, dass erst mal immer das viele Geld im Vordergrund steht. Klar sind es mittlerweile riesige Summen, aber diese Summen bestimmt nicht der Spieler oder sogar der Berater, diese Summen regulieren sich durch den aktiven Markt. Hier ist es doch wie in der freien Marktwirtschaft, Angebot und Nachfrage regeln den Preis. Der Spielerberater steht im absolut falschen Licht. Klar gibt es auch bei uns schwarze Schafe, aber ich glaube von mir sagen zu können, sowie auch viele Agenturen, die ich kenne,   wir machen einen sehr guten Job, versprechen den Jungs keine „Profi-Märchen“, aber unterstützen die Jungs natürlich alle in dem was sie machen. Wie viele andere, nehme auch ich viel Geld in die Hand um das Scouting, die Analyse und vieles andere für die einzelnen Spieler zu gewährleisten. Ich bin selbst immer da, wenn ich gebraucht werde. Auch sonst gehen viele Stunden drauf, sei es bei der Video-Analyse, Spielbeobachtung vor Ort, Vereins-Termine, Akquise etc. Nicht selten arbeite ich 10 Std. vorm PC oder bin 8 – 9 Std. am Tag unterwegs zu diversen Spielen & Terminen. Mein Stiefsohn ist nun seit über 10 Jahren Profi. Dazu begleite ich aktuell 15 Spieler in diversen Ligen. Diese langjährigen Erfahrungswerte möchte ich den Jungs und den Familien an die Hand geben. Ich wüsste nicht, warum es unseriös sein sollte, wichtige oder besser gesagt unbezahlbare Erfahrungswerte weiterzugeben.

 

 

Ihr Tipp für Spieler, die einen Berater suchen?

Erstmal können die Jungs ja immer selber oder auch mit der Familie entscheiden, welche Agentur es sein soll. Manchmal ist es der Kopf oder auch eine Bauchentscheidung. Ganz wichtig ist nur: Seid Euch sicher, wem ihr gegenübersitzt. Lasst euch nicht blenden von großen Namen auf den Listen der Agenturen. Bei ganz vielen stimmen die Angaben, aber viele andere werben auch mit Spielern, mit denen sie gar keinen Kontakt haben. Lasst Euch nicht blenden von großen Worten, sondern stellt Eure Fragen und erklärt, was euch wirklich wichtig ist, jetzt und in der Zukunft.

Dann sollte es klappen mit einer vernünftigen und seriösen Agentur!

Dirk Wichmann | RW SPORT CONCEPT

 

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